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orchidee

25 octobre 2006

NZZ Ticket, 22. Juni 2006«Auf die Kunst!»Wo sonst

NZZ Ticket, 22. Juni 2006

«Auf die Kunst!»

Wo sonst kann der Gast eine heisse Pho bo schlürfen und
dazu an den Wänden asiatische Bilder bewundern? Das
«Orchidee» nahe der Schmiede Wiedikon im Zürcher
Stadtkreis 3 bietet authentische vietnamesische Küche
und Kunst.
Christophe Barwinek hat wohl nicht im Traum daran
gedacht, einmal in Zürich ein Restaurant zu führen.
Seine Grosseltern kamen aus Polen, er wuchs in
Nordfrankreich auf und studierte klassische Musik,
arbeitete - ein Weltbürger - als Pianist in New York,
London und Hongkong. Zwischen zwei Engagements
machte er Halt in Zürich, fand Arbeit für kurze drei
Monate am Zürcher Opernhaus - und blieb dort zehn
Jahre lang. Zuletzt arbeitete er als Ballett-Korrepetitor
unter Heinz Spoerli. Neben der Musik faszinierte ihn
schon früh alles Asiatische, der Lebensstil, die
Menschen, die Kunst. Bich Ngoc, seine Lebenspartnerin
seit zehn Jahren, stammt aus Vietnam. Die beiden
haben sich entschlossen, zusammen etwas aufzubauen.
Im letzten Sommer übernahmen sie das Restaurant
Orchidee, das bereits asiatisch orientiert war. Stilvoll,
ohne folkloristischen Schnickschnack ist die Einrichtung,
das Werk eines Ästheten offensichtlich. Neutral der helle
Steinboden. Aus Holz sind die aus Vietnam importierten
Möbel, schlichte Tische und Stühle mit geschweifter
Rückenlehne, die unbequem aussehen. Doch der Gast
spürt schnell, hier sitzt es sich anatomisch richtig, und
in Musse lassen sich die Bilder vietnamesischer Künstler
betrachten, die an den hellen, roh verputzten Wänden
schön zur Geltung kommen. Sie sind übrigens zu kaufen.
Mir gefiel ein farbiges, mit verschiedenen Materialien
gefertigtes Gemälde. Dao Anh Khan heisst der Künstler,
ein ehemaliger Polizist, der heute in Hanoi den Ruf eines
grossen Malers haben soll. Barwinek möchte Freunde für
die Kunst aus Bich Ngocs Heimat gewinnen.
Doch eigentlich kommt der Gast ins «Orchidee» nicht
der Bilder wegen, sondern um vietnamesisch zu essen.
Eine feine Küche, leicht und nicht so scharf wie etwa die
thailändische. Sie ist beeinflusst von den Küchen Chinas,
Indiens und auch Frankreichs, das als Kolonialmacht
lange Zeit über Indochina herrschte. So ist
beispielsweise die klassische Consommé die Grundlage
für die Nudelsuppe Pho bo, das Nationalgericht
Vietnams. Auch wir beginnen unser Essen mit dieser
Suppe. Doch zuvor stossen wir mit einem Saigon-Bier
(Fr. 5.-) an: Cung ly! Auf die Kunst zum Beispiel? Später
geht's dann zum Wein über. Barwinek empfiehlt einen
leichten Rioja (Fr. 6.50 pro dl). Falls es etwas zu feiern
gäbe, hätte er noch eine ganz feine Flasche im Angebot,
zudem günstig für die Qualität, einen St-Emilion Château
Larmande (Fr. 99.-). Wir widerstehen.
Zurück zur Suppe. Sie wird wie alle Gerichte von
frischen Kräutern und anderem Grünzeug (Koriander,
würziger asiatischer Basilikum, Zitronenblätter,
Sojasprossen) und einer scharfen Sauce begleitet.
Typisch ist Nuoc Mam, die mit Sardellen aufwendig
zubereitete Fischsauce. Die Pho bo mit Rindfleisch und
Mungkeimlingen (Fr. 12.50) ist gut, ebenso Bun rieu, die
Krabben-Crevettensuppe. Statt einer frittierten oder
gedämpften Frühlingsrolle, einer beliebten Vorspeise,
wählen wir saisongerecht eine Sommerrolle: in
Reispapier eingerollte Crevetten, Schweinefleisch und
Kräuter. Sieht etwas ungesund bläulich-blass aus,
schmeckt aber fremdländisch fein. Der vietnamesische
Wasserspinat hat wenig mit dem hiesigen Gemüse zu
tun. Blassgrün und stengelartig, wird er als
erfrischender Salat zubereitet und angereichert mit
Crevetten und Poulet (Fr. 15.50). Oder sautiert mit
Knoblauch und dünn geschnittenem Rindfleisch, eine
leichte Hauptspeise. Wir tauschen zum Probieren die
beiden Platten aus, nicht aber die Teller mit den
begleitenden Kräutern und Saucen. Bich Ngoc
interveniert sanft, aber bestimmt. Jedes Gericht werde
mit der diesem entsprechenden Beilage serviert, also
bitte nicht anders kombinieren! Eigentlich sind wir satt.
Doch der Wirt empfiehlt uns noch das typisch
vietnamesische Dessert, das da ist: Klebreiskugeln,
gefüllt mit Mungbohnen in Ingwersirup mit Kokosmilch.
Die Sauce vor allem schmeckt so gut, dass man gern
den Teller mit dem Finger ausputzen möchte.
P.S. Im «Orchidee» gibt's übrigens auch Thai-Gerichte.
Für Gäste, die der vietnamesischen Küche nicht trauen .
. .
Marie-Louise Stickelberger
Restaurant Orchidee
Birmensdorferstr. 191, 8003 Zürich
Montag bis Freitag 11.30 bis 14, 18 bis 23, Samstag 18
bis 23 h
Tel. 044 462 39 77 www.orchidee-restaurant.ch
NZZ Ticket, 22. Juni 2006

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